Seit Urzeiten wurden Glossopetren wegen ihrer heilenden und magischen Kräfte als Talismane getragen. Man glaubte, es handle sich dabei um versteinerte Schlangenzungen, die gegen vielerlei Übel, vor dem bösen Zauberbann und Beschwerden beim Zahnen schützen sollten. Man schrieb ihnen sogar die Fähigkeit zu, Stumme zum Sprechen zu bringen.
Haifischzahn - Anhänger (18 kt Gold - Megalodon, Dakota, 18 Mio Jahre)
Die besten, wirkungsvollsten und somit berühmtesten Zungensteine gab es der Legende nach in Malta. Wie in der Heiligen Schrift geschrieben steht, machte einst der Apostel Paulus auf seinen Reisen auf der Insel Halt. Er wurde dort von einer giftigen Schlange gebissen und überlebte wundersamerweise. Seither galten die „Schlangenzungen“ aus Malta als Arznei gegen Gift und wurden von dort aus zu tausenden ausgeführt. Als Pulver oder Elexier verwendet, war es Mittel gegen allerlei Seuchen, üble Fieber, Brandwunden, Blattern, Pusteln und Wehen, Epilepsie und Mundgeruch. Heiratsvermittler gaben vor, die Wirkung von Zungensteinen sei „unerlässlich beim Werben um holde Frauenzimmer“.
Frühe Darstellung eines Zungensteins
Der Wendepunkt der Geschichte ereignete sich 1666, als man vor der toskanischen Küste einen, über eine Tonne schweren Weissen Hai fing. Noch niemals hatte man einen Hai dieser Grösse gefangen. Die Fischer vor Ort machten ihre Erinnerungsfotos, meisselten dem Raubfisch ein paar Zähne aus dem riesigen Maul und warfen den Kadaver wieder zurück ins Meer. Allerdings nicht, ohne dem Tier vorher den Kopf abzuschneiden, den man an das wissenschaftliche Institut am Hofe des Grossherzogs Ferdinand II. nach Florenz mit einem Karren schickte.
Der Künstler Hendrik Hackl alias Nicolaus Steno (1638 - 1686)
Man hatte dort ein Anatomisches Theater, und dem jungen dänischen Wissenschaftler Nicolaus Steno war es vorbehalten, vor den Augen des Grossherzogs, den Hofdamen, Gelehrten und Schaulustigen den monströsen, bereits verwesenden Haifischkopf zu sezieren. Er stellte dabei fest, dass Haie im Vergleich zur Körpermasse nur ein sehr kleines Gehirn besitzen und dass sich Glossopetren und Haifischzähne wie „ein Ei dem anderen gleichen“.
Zeichnung aus dem Vatikanischen Katalog 1667
Zwar hatten bereits lange vor Steno berühmte Wissenschaftler - der französische Arzt und Naturforscher Guillome Rondolet und der Italiener Fabio Collona große Ähnlichkeiten zwischen den Glossopetren und Zähne rezenter Haifische festgestellt. Doch all ihre Thesen stiessen auf einen entscheidenden Widerspruch: Glossopetren wurden an Land gefunden, wo Haifische nichts zu suchen hatten.
Steno erkannte aufgrund des Sonderfalls der Zungensteine das allgemeine Problem, das es zu lösen galt: Wie gelangen Haifischzähne und versteinerte Ablagerungen anderer Meeresbewohner weit ins Landesinnere, fernab von den Ozeanen?
Megalodon-Zahn - Wandobjekt 45 x 27 cm